Den Else Kröner Fresenius Preis für Medizinische Entwicklungszusammenarbeit erhält in diesem Jahr die Gynäkologin Sr. Rita Schiffer, Missionsärztliche Schwestern, Ärztliche Leiterin des Attat Hospitals, Äthiopien, für das Projekt „Nachhaltige chirurgische Versorgung in Attat“. Nominiert wurde das Projekt von Jugend Eine Welt. Die Preisverleihung fand am 14. Oktober 2022 im KOSMOS Berlin statt.
Das Attat Hospital wurde 1969 von den Missionsärztlichen Schwestern gegründet. Das Krankenhaus befindet sich 200 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Addis Abeba, im Gurageland, eine der ärmsten Regionen Äthiopiens. Die Einrichtung ist eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen im ländlichen Äthiopien. Der Hauptgrund sind Probleme bei Schwangerschaften und Geburten, Infektionserkrankungen, Malaria sowie akute Erkrankungen, die operativer Eingriffe benötigen.
Sr. Rita Schiffer ist die Ärztliche Leiterin des Attat Hospitals. In ihrer langjährigen Tätigkeit setzte sie sich besonders für die medizinische Versorgung von Frauen und Kindern, die chirurgische Gynäkologie und die operative Notfallchirurgie ein.
Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal:
Im Rahmen einer nachhaltigen chirurgischen Versorgung legen die Projektmitarbeitenden einen besonderen Fokus auf die Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal. Studierende von Krankenpflege- und Hebammenschulen und angehende Ärztinnen und Ärzte absolvieren in Attat ihre praktische Ausbildung, um notfallchirurgische und gynäkologische Eingriffe, inklusive Kaiserschnitte, durchführen zu können. Für die Erstversorgungskrankenhäuser in den ländlichen Regionen ist dieses Ausbildungsprogramm von enormer Bedeutung, nur so kann Patientinnen und Patienten in entlegenen Gegenden eine langfristige notfallchirurgische Versorgung garantiert werden.
Maternity Waiting Home und Geburtshilfe Programme:
Um die hohe Mutter-Kind-Sterblichkeit bei Geburten zu reduzieren, engagierte sich Sr. Rita für die Unterbringung von Frauen aus entlegenen Dörfern sowie Frauen mit Risikoschwangerschaften in einem Haus (Maternity Waiting Home = MWH) im Krankenhausgelände. Bessere Überweisungsmöglichkeiten, die Einführung des MWHs und die 24-stündige Bereitschaft zum Kaiserschnitt führten dazu, dass heute sowohl Sterblichkeit als auch geburtsbedingte Komplikationen bei Neugeborenen und Mütter weniger häufig auftreten, z.B. Fistelbildung und Uterusrupturen (spontanes Aufreißen der Gebärmutter).
Die große Wirksamkeit des Hauses für Risikomütter konnte über 30 Jahre beobachtet werden. Dies hatte zur Folge, dass die äthiopische Regierung diese Maßnahme in den nationalen Gesundheitsplan übernahm.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt Sr. Rita auf die medizinische Behandlung von älteren Frauen, die oft eine niedrige Priorität in der Familienhierarchie haben und einen beschränkten Zugang zu finanziellen Mitteln aufweisen. Im Jahr 2021 wurden 505 Operationen bei Gebärmutter- bzw. Scheidenvorfall bei älteren Frauen vorgenommen. Der größte Teil davon war kostenlos oder mit geringer Eigenbeteiligung der Frauen. Neben der direkten medizinischen Versorgung im Krankenhaus engagiert sich das Projekt im Rahmen eines integrativen Gesundheits- und Entwicklungsprogramms in den umliegenden Dörfern.
Zukünftige Ziele des Projekts:
Das Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro soll für die Finanzierung von Aus- und Weiterbildungen verwendet werden sowie für eine Lohnsteigerung der 200 Angestellten, da die momentane Inflationsrate im Land ein normales Auskommen unmöglich macht. Zudem sollen Medikamente und OP-Ausstattungen angeschafft werden.
Im Interview gibt die Preisträgerin Sr. Rita Schiffer einen tieferen Einblick in das Projekt.
Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung vom 13. Oktober 2022.
Impressionen von der Preisverleihung: