Bad Homburg v. d. Höhe, 3. Juli 2024 – Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) gibt heute die Preisträger ihres Publikationspreises 2024 bekannt. Die Auszeichnung würdigt eine Wissenschaftlerin und vier Wissenschaftler für ihre herausragenden und medizinisch hochrelevanten Erkenntnisse, die sie im Jahr 2023 veröffentlicht und im Rahmen der Förderung durch die EKFS erzielt haben.
„Die Forschungsergebnisse der Publikationspreisträger ermöglichen präzisere Diagnosen sowie personalisierte Behandlungsansätze und eröffnen neue therapeutische Möglichkeiten“, erläutert Prof. Dr. Michael Madeja, EKFS-Vorstandsvorsitzender: „Das kann das Leben von Patientinnen und Patienten deutlich verbessern.“ Die Preise sind mit jeweils 10.000 € dotiert.
Die fünf Publikationspreise 2024 der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gehen an:
Prof. Dr. Frederik Damm (Charité Berlin) nutzt neue Sequenzierungsmethoden für präzisere Diagnosen und personalisierte Behandlungen von Leukämien und Lymphdrüsenkrebs. Der Publikationspreis der EKFS würdigt, dass Damm genetische Marker identifiziert hat, die sowohl eine genaue Risikoeinschätzung als auch die Grundlage für neue, gezielte Therapieansätze für Patientinnen und Patienten mit primär mediastinalen B-Zell-Lymphomen ermöglichen.
PD Dr. Florian Scherer (Universitätsklinikum Freiburg) zeigt in seiner ausgezeichneten Publikation, wie die Liquid-Biopsy-Technologie zur Diagnose und Überwachung von ZNS-Lymphomen genutzt werden kann. Die Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass die hochsensitive Detektion zirkulierender Tumor-DNA im Blut und Gehirnflüssigkeit eine genaue Risikostratifizierung und minimal-invasive Identifikation von Patienten mit ZNS-Lymphomen erlaubt. Diese Technik könnte es zukünftig ermöglichen, genetische Veränderungen in Blut oder Gehirnflüssigkeit zu erkennen und damit schneller Therapien zu beginnen und diese präzise anzupassen.
Dr. Ria Schönauer (Charité Berlin) entwickelt neue Bewertungsmaßstäbe zur Prognose und Behandlung der polyzystischen Lebererkrankung (ADPLD). Sie erhält den EKFS-Publikationspreis für ihre Ergebnisse, die die Risikoeinschätzung in Bezug auf ADPLD verbessern. Zudem ermöglicht Schönauers Forschung personalisierte Therapien, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten erhöhen können.
Dr. Dr. Lukas Bunse (Universitätsklinikum Mannheim) untersucht das Zusammenspiel von genetischen Veränderungen in Hirntumoren und des Immunsystems bei deren Entstehung und bei Behandlung. Seine preiswürdige Publikation eröffnet neue Ansätze, mit deren Hilfe körpereigene Immunzellen für die Bekämpfung von Tumorzellen aktiviert werden können.
Das Immunsystem des Gehirns steht ebenfalls im Mittelpunkt der Arbeit von PD Dr. Roman Sankowski (Universitätsklinikum Freiburg). Er erforscht die Immunantworten bei Hirntumoren. Die EKFS zeichnet ihn für seine im Jahr 2023 publizierte Erkenntnis aus, dass Immunzellen im Gehirn durch Blutzellen erneuert werden können. Das eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten.
Ausführliche Informationen: die Publikationen im Detail
Prof. Dr. Frederik Damm, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Paper: https://doi.org/10.1200/JCO.23.01053
Prof. Dr. Damm hat entscheidende Fortschritte in der Hämatologie erzielt, indem er molekulare Techniken wie das Next-Generation-Sequencing (NGS) nutzt. Mit dem NGS lassen sich DNA- oder RNA-Sequenz schnell und kostengünstig bestimmen. Damm zeigt in seinem im Journal of Clinical Oncology erschienen Paper mit dem Titel „Genetic Characterization of Primary Mediastinal B-Cell Lymphoma: Pathogenesis and Patient Outcomes“, wie mit der NGS präzisere Diagnosen und personalisierte Behandlungsansätze für das primär mediastinale B-Zell-Lymphom (PMBCL) möglich sind. PMBCL ist eine seltene, aggressive Form von Lymphdrüsenkrebs, die vorwiegend junge Frauen betrifft. Die Krankheit zeichnet sich durch die rasche Vermehrung von Krebszellen im zentralen Bereich des Brustkorbs aus und ist daher besonders gefährlich. Preiswürdig ist insbesondere, dass Damms Team durch genomische Charakterisierung genetische Marker identifizierte, etwa spezifische Genmutationen. Dadurch konnten die Wissenschaftler präzise Risikostratifizierungen vornehmen – also die Patienten in Gruppen einteilen, um das Risiko für bestimmte Krankheitsverläufe oder Komplikationen abzuschätzen. Auf der präziseren Diagnostik bauen personalisierte Behandlungsansätze auf, die die Lebensaussichten von PMBCL-Patienten zu verbessern helfen.
PD Dr. Florian Scherer, Klinik für Innere Medizin I, Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, Universitätsklinikum Freiburg, Paper: https://doi.org/10.1200/JCO.22.00826
Fortschritte in der Diagnostik spiegeln sich auch in der Arbeit von PD Dr. Florian Scherer wider. Seine preiswürdige, im Journal of Clinical Oncology veröffentlichte Publikation trägt den Titel „Circulating Tumor DNA Profiling for Detection, Risk Stratification, and Classification of Brain Lymphomas“. Sie zeigt, wie die sogenannte Liquid-Biopsy-Technologie zur Diagnose und Überwachung von Lymphomen des zentralen Nervensystems (ZNS) eingesetzt werden kann: Die Liquid Biopsy ermöglicht es, Krebszellen und genetische Veränderungen anhand von Proben des Bluts oder der Gehirnflüssigkeit zu erkennen. Dies verbessert die Genauigkeit und Schnelligkeit der Krebsdiagnose erheblich – Ärzte können Behandlungsentscheidungen schneller und gezielter treffen, was die Aussichten und die Lebensqualität der Patienten verbessert. Scherers Studie zeigt, dass die zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) als nicht-invasiver Biomarker für Krebserkrankungen im ZNS genutzt werden kann: Im Blut und in der Gehirnflüssigkeit ist ctDNA vor der Behandlung bei den meisten Patienten nachweisbar. Patienten mit höheren ctDNA-Werten hatten schlechtere Überlebensraten, was die Bedeutung dieser Technologie für die genaue Einschätzung des Krankheitsverlaufs und die Anpassung der Therapie unterstreicht. Außerdem hat Scherers Team ein Modell entwickelt, das mithilfe künstlicher Intelligenz ZNS-Lymphome anhand der ctDNA-Mutationssignatur zuverlässig erkennen kann.
Dr. Ria Schönauer, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und internistische Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Paper: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2023.12.007
Die Brücke zwischen Diagnostik und Therapie schlägt die Arbeit von Dr. Ria Schönauer. Ihre in der Fachzeitschrift Gastroenterology erschienene und von der EKFS ausgezeichnete Publikation „Sex, Genotype, and Liver Volume Progression as Risk of Hospitalization Determinants in Autosomal Dominant Polycystic Liver Disease“ zeigt, wie gezielte Therapien für polyzystische Lebererkrankungen (ADPLD) entwickelt werden können. ADPLD ist eine seltene Erbkrankheit, bei der die Leber mit Zysten durchsetzt wird. Das kann zu Beschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit, Oberbauchschmerzen und Muskelschwund führen. In schweren Fällen kann eine Lebertransplantation notwendig sein. In ihrer Arbeitsgruppe hat Schönauer im Rahmen einer internationalen Studie Bewertungsmaßstäbe entwickelt, um die Prognose dieser Krankheit besser vorhersagen und fundierte Entscheidungen über die Behandlung treffen zu können. Die Forschenden benennen Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhausaufnahme beeinflussen. Dazu gehören das weibliche Geschlecht, das altersabhängige Lebervolumen und spezifische genetische Veränderungen. Schönauers Erkenntnisse ermöglichen eine bessere Einschätzung des Krankheitsverlaufs und die Entwicklung personalisierter Therapien, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Dr. Dr. Lukas Bunse, Neurologische Universitätsklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Paper: https://doi.org/10.1016/j.ccell.2022.12.007
Ebenso wie in der Arbeit von PD Dr. Scherer spielen auch für Dr. Dr. Lukas Bunse genetische Analysen in der personalisierten Medizin eine wesentliche Rolle. Den Publikationspreis erhält Bunse für seinen Fachaufsatz „MHC class II-restricted antigen presentation is required to prevent dysfunction of cytotoxic T cells by blood-borne myeloids in brain tumors“ im Fachmagazin Cancer Cell. Darin zeigt er, wie aus dem Blut einwandernde Fresszellen, sogenannte Makrophagen, Hirntumore bekämpfen können. Bunses Team hat festgestellt, dass das Immunsystem eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Behandlung von Hirntumoren spielt. Besonders wichtig ist die Aktivität der Makrophagen. Diese präsentieren den ebenfalls aus dem Blut einwanderten T-Zellen Bruchstücke von Tumorzellen und aktivieren sie so für die Bekämpfung von Tumorzellen. Besonders zytotoxische T-Zellen, auch Killer-T-Zellen genannt, sind auf diese Aktivierung vor Ort angewiesen. Dabei ist ein bestimmtes Protein entscheidend, das MHCII: Ohne MHCII verlieren Killer-T-Zellen ihre Fähigkeit, gegen Tumore vorzugehen. Auch auf welche Art und Weise MHCII die Killer-T-Zellen unterstützt, hat das Team um Bunse entschlüsselt. Auf Basis dieser Erkenntnis eröffnet Bunses ausgezeichnete Publikation nun neue Ansätze für Immuntherapien, welche die T-Zell-Aktivität in Hirntumoren unterstützen und erhalten.
PD Dr. Roman Sankowski, Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Freiburg, Paper: https://doi.org/10.1038/s41591-023-02673-1
Ein weiterer Durchbruch in der Neurologie kommt von PD Dr. Roman Sankowski. Im Zentrum seiner Publikation „Multiomic spatial landscape of innate immune cells at human central nervous system borders“ stehen Hirntumore. Auch Sankowski hat im Immunsystem den Schlüssel für neue therapeutische Ansätze gefunden. In seinem im Journal Nature Medicine veröffentlichten Paper zeigt er, wie das Immunsystem in die Pathologie dieser Krankheit involviert ist. Immunzellen im Gehirn können durch Blutzellen erneuert werden. Die bisherige Annahme war, dass diese sich selbst regenerieren. Sankowskis Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten, schädliche oder defekte Immunzellen durch gesunde, funktionale Zellen zu ersetzen oder ihre Funktion zu stärken. Insbesondere Patienten mit Hirntumoren könnten davon profitieren. Die mit dem EKFS-Publikationspreis gewürdigte Studie liefert eine detaillierte Karte der verschiedenen Immunzellen in gesunden und Tumor-befallenen Gehirnen. Zudem benennt sie molekulare Ziele, die in zukünftigen Therapien zur Vorbeugung und Behandlung von Hirnerkrankungen genutzt werden können.
Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) – Forschung fördern. Menschen helfen.
Die gemeinnützige Else Kröner-Fresenius-Stiftung widmet sich der Förderung medizinischer Forschung und unterstützt humanitäre Projekte. Bis heute hat sie rund 2.600 Projekte gefördert. Mit einem jährlichen Fördervolumen von aktuell über 70 Millionen Euro ist sie die größte Medizin fördernde Stiftung Deutschlands. Weitere Informationen finden Sie unter: www.ekfs.de
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Else Kröner-Fresenius-Stiftung
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