Bakterien kümmern sich nicht um Grenzen: UKL-Ärztin baut Antibiotic Stewardship-Programm in Uganda auf

Else Kröner-Fresenius-Stiftung unterstützt das Projekt mit 246.000 Euro.
Dr. Amrei von Braun mit ihrem infektiologischen Kollegen Dr. Charles Kabugo (2.v.li.) und weiteren Mitarbeitern im mikrobiologischen Labor des „Kiruddu General Hospital“ in Kampala, Uganda (März 2019).

Leipzig. Die Zahl antimikrobieller Resistenzen nimmt weltweit zu. Als eine Hauptursache gilt der zu hohe Verbrauch von Antibiotika. Diese Entwicklung aufzuhalten, gelingt nach Ansicht vieler Experten nur durch medizinische Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Oberärztin Dr. Amrei von Braun vom Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin des UKL baut daher in einem engagierten Projekt ein so genanntes Antibiotic Stewardship-Programm (ABS-Programm) in Ugandas Hauptstadt Kampala auf. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung unterstützt dieses Vorhaben für zwei Jahre mit mehr als 246.000 Euro.

Unter "Antibiotic Stewardship" (antibiotic = Antibiotikum; stewardship = Verantwortung) versteht man das nachhaltige Bemühen einer medizinischen Einrichtung oder eines Gesundheitssystems, eine Verordnungspraxis von Antiinfektiva, wie beispielsweise Antibiotika, in einem rationalen Maß sicherzustellen und zu verbessern. "Wir setzen Antibiotika nicht korrekt ein. Der viel zu hohe und eben irrationale Verbrauch führt dazu, dass sich die Bakterien anpassen können. Sie entwickeln eigene Mechanismen, wie sie sich den Angriffspunkten entziehen können", erläutert Dr. von Braun. "Konkret meint 'Antibiotic Stewardship' hier, wir identifizieren das korrekte Präparat in der korrekten Dosierung und für eine adäquate Dauer", beschreibt es die Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie. Dieser "rationale Gebrauch" wirke dann einer Resistenzwirkung entgegen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits 2015 deutlich gemacht, dass sie die Entwicklung lokaler ABS-Programme als ganz wesentlich im globalen Kampf gegen Resistenzen ansieht. Am Leipziger Uniklinikum ist ein solches Programm bereits etabliert worden. Hier gehen Mikrobiologen, Infektiologen und Apotheker als Team auf ausgewählte Stationen und besprechen jeden Patienten, der Antibiotika erhält. Ein ABS in Leipzig sei jedoch nicht gleich einem in Uganda, betont Dr. von Braun. Denn: "Um ein gutes ABS etablieren zu können, muss man die lokalen Gegebenheiten verstehen."

Amrei von Braun kennt sich aus in dem ostafrikanischen Land. Sie hat bereits rund anderthalb Jahre in Uganda gearbeitet, viele Kontakte geknüpft und arbeitet eng mit den Ärzten vor Ort zusammen. "Die ugandischen Kollegen sind sehr gut ausgebildete Infektiologen. Es fehlen bislang eben die Ressourcen, um ein solches Programm zu etablieren." Notwendig scheint es zu sein; nach den Erfahrungen von Brauns kann von einem "rationalen Gebrauch" in Uganda nicht direkt nicht die Rede sein: "Jeder kann dort in Apotheken Antibiotika ohne Rezept kaufen. Zum Glück sind die ganz schlimmen Resistenzen aber wohl noch nicht im Land angekommen."

Im März dieses Jahres war die Oberärztin zuletzt nach Kampala gereist, hatte danach ein Konzept entworfen und sich anschließend auf die Suche nach finanzieller Unterstützung gemacht. Dank der Förderzusage der Else Kröner-Fresenius-Stiftung ist das Programm, das im Januar 2020 starten soll, nun für die ersten zwei Jahre finanziert.

Zu Beginn wird Dr. von Braun in einem ersten Schritt mit ihren ugandischen Teamkollegen des "Kiruddu General Hospital" in Kampala versuchen, durch mikrobiologische Untersuchungen bei Patienten mit Infektionen so viel wie möglich Daten zu sammeln und auszuwerten sowie einen Leitfaden für eine so genannte "empirische Therapie", also für die allererste Therapie, wenn zwar die Krankheit, aber noch nicht genau die auslösenden Bakterien bekannt sind, zu entwerfen. So sollen diejenigen Patienten, die an einer Infektion durch resistente Erreger leiden, Zugang zu einer angemessenen Therapie erhalten und so deren Gesundheit verbessert und die Sterblichkeitsrate verringert werden.

In einem zweiten und dritten Schritt werden in den kommenden zwei Jahren alle Mitarbeiter in der Patientenversorgung des Hospitals in Hygiene geschult, alle Ärzte wiederum sollen zusätzlich ein ABS-Training vor Ort oder am UKL erhalten haben. Seit Oktober ist ein Leipziger Doktorrand bereits in Kampala und klärt schon organisatorische Fragen.  

"Diesen schrecklichen Prozess der fortschreitenden Resistenzentwicklung aufzuhalten können wir ausschließlich global lösen", beschreibt Dr. Amrei von Braun das übergeordnete Ziel ihres Projektes. "Es funktioniert nur durch Zusammenarbeit zwischen Partnern. Wir können es hier nicht allein und die Menschen in Uganda auch nicht. Zu diesem Kampf können aber beide Seiten etwas beitragen", betont die Ärztin des Universitätsklinikums Leipzig.

Autor der Pressemitteilung: Markus Bien


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